Bevor es morgen losgeht, treffe ich mich heute mit Rudi und seiner Freundin, die ich beide an der Westküste kennenlernte. Rudi kommt aus Niederbayern und lebt seit zwei Jahren hier in Christchurch.
Es wird ein lustiger Abend und wir beschließen, diesen bald zu wiederholen, das nächste Mal in einem japanischen Rastaurant.
Mein erster Arbeitstag ist nicht sehr lange, es geht eher darum alle Bewohner kennenzulernen und eine grundlegende Einführung in die Tätigkeiten zu bekommen. Im Haus leben 5 ältere Damen und ein Teenager, drei sitzen im Rollstuhl, drei können auf ihren eigenen Beinen stehen. Richtig los geht es für mich Sonntag morgens, ich stelle meinen Wecker auf 6Uhr. Als ich mich auf den noch leeren Strassen fortbewege, hab ich dieses Gefühl welches man hat, wenn man früh aufgestanden ist und arbeiten muss. Komisch aber auch irgendwie schön es wieder zu spüren.
Im Haus brennt schon Licht, ich stelle mich der anderen Betreuerin vor und wir machen aus wer wenn aus dem Bett holt, duscht und anzieht. Vor dem Öffnen der ersten Windel seit Jahren hab ich etwas Bammel. Dannach kommen mir Handgriffe wieder in Gedanken, die ich ja schonmal ausgeführt habe und die mir dadurch irgendwie vertraut erscheinen z.B. jemaden der nur liegen kann zur Seite zu drehen, um die Hosen hochziehen zu können. Warum müssen BH´s immer diese dummen Häkchen besitzen? Nach etwas Gefummel bekomme ich ihn zu.
Der Teenager, ich will ihn an dieser Stelle Brad nennen, hat zur Zeit Ferien und ist deswegen nur schwer aus dem Bett zu bekommen. Da heute aber eine Fahrt mit dem Speetboat auf dem Programm steht, muss er raus. Das gute Zureden der anderen Betreuerin nutzt nichts, ich packe Brad und setze ihn in seinen Rollstuhl. Die Zeit drängt, wir machen Frühstück und suchen die Jacken der Bewohner zusammen. Nacheinander laden wir sie in den Behindertenbus und machen uns auf den Weg zum Speetboat. Dieses Veranstaltung, bei der wohltätige Organisationen umsonst solche Sportarten nutzen können, findet einmal im Jahr statt. Von den sechs Bewohnern, lassen sich nur 3 überzeugen mit uns ins Speetboat zu steigen. So schnell bin ich noch nie übers Wasser geflogen, mit 50km pro Stunde saust das Boot dahin und der Fahrer bremst vor manchen Stellen so scharf, das ich nur aufgrölen kann. Den Bewohnern hat die Fahrt sehr gefallen, vorallem Brad.
Als wir zurück im Haus sind gibt es Tee für alle und wir fangen mit dem Putzen der Sanitäranlagen an. Als ich fertig bin, sehe ich mich im Badezimmerspiegel. Ernst schau ich drein. Wer ist das, der mir da entgegenschaut? Ich werfe meinem Spieglbild einen kurzen Grinser zu.
Auf dem Heimweg habe ich ein gutes Gefühlt im Bauch.
In Christchurch findet zur Zeit das World Buskers Festival
statt, ich schlendere wie schon all die Tage vorher durch die Strassen, sehe den Artisten, Künstlern, Musiken und Komikern zu und gehe zur Abendandacht in die Christchurch Cathedral.