Panne

Banks Peninsula von oben

Nein, dieses Bild habe ich ausnamsweise einmal nicht selbst gemacht, sondern von einer Internetseite geliehen. Ich will damit verdeutlichen, warum es hier so lange dauert von A nach B zu kommen. Jo´s Haus ist ungefähr da wo der rote Punkt ist und Akaro die grösste Gemeinde hier der gelbe Punkt. Es sind 20 Kilometer, doch wegen der steilen Hänge und engen, kurvigen Strassen brauche ich fast 30 Minuten für die Strecke. Heute will ich noch weiter, bis zum Horizont wo Christchurch liegt. Es sind bis dorthin 90 Kilometer und ich werde über 2 Stunden dafür brauchen.
Zwischendurch mache ich einemal Halt in Little River und trinke ein Käffchen. Über die Hälfte habe ich schon geschafft. Und das alles nur um einmal einen Großeinkauf im Supermarkt zu machen. Nebenbei kann ich mir auch Christchurch ansehen.
Der Unterschied kann kaum größer sein – vor 2 Stunden noch im Paradies und jetzt in der größten Stadt mit 300.000 Einwohnern auf Neuseelands Südinsel. Der Verkehr ist recht stark und die Parkplatzsuche nicht einfach. Christchurch kommt einem wirklich sehr englisch vor mit all den Telefonzellen und der Bauweise hier. Man kann auf dem Wasser Gondel fahren oder sich die Stadt per Strassenbahn ansehen. Ich entscheide mich für Schusters Rappen.

Strassenbahn in Christchurch

Zum lunch hole ich mir 8 Stück Sushi und freu mich schon fast alle Weihnachtsgeschenke gefunden zu haben. Die Rückfahrt nach Le Bons Bay kommt mir irgendiwie schneller vor. 5 Kilometer vor meinem Ziel steht ein Auto, welches eines Panne zu haben scheint. Ich halte an und frage ob ich helfen kann.
Das Auto hat einen Platten und der Fahrer fragt mich, ob ich einen Wagenheber dabei hätte. Ich kann ihm aushelfen und nachdem er den Ersatzreifen montiert hat, halten wir noch einen kleinen Plausch und verabschieden uns dann freundlich.

platter Reifen

1. Advent

Alles ist stock finster. Ich bin gerade aufgewacht und liege im Bett. Wie spät wird es wohl sein? Das man aber auch rein gar kein Licht von draußen durch das Fenster scheinen sieht. Ich greife nach meinem Handy. Auch wenn hier kein Empfang ist, als bessere Uhr lohnt es allemal. 2:30Uhr morgens, mitten in der Nacht. Bei Euch mitten am Tag. Was Ihr wohl alle gerade macht? Noch während ich überlege bin ich schon wieder eingeschlafen.
Langsam mache ich meine Augen auf und freu mich über die Sonnenstrahlen, welche jetzt durchs Fenster fallen.
Heute ist 1. Advent und das will ich mit einem guten Mittagessen feiern. Gestern abend habe ich noch ein schönes Stück Fleisch aus dem Gefrierfach geholt zum auftauen. Was könnte ich daraus machen? Steack vielleicht, oder doch lieber Geschnetzeltes? Nein, dass hatte ich alles schon. Genau! Zum 1. Advent mache ich mir einen Adventsbraten! Um 10Uhr fange ich an, das Rezept entsteht während ich werkle und sieht in etwas so aus:

-Backröhre bei 230Grad 10 Minuten vorheizen
-Stück Fleisch auf tiefes Blech legen und runtherum mit Pfeffer und Kräutern würzen (noch kein Salz)
– Blech in die Röhre schieben und 3 Gläser Wasser zugeben, Fleisch mit einem Schuss Olivenöl übergiesen
– Temperatur auf 200 Grad zurückdrehen
– bei Bedarf Wasser nachfüllen

Au waia! Was ist den jetzt los? Ich schrecke zurück, irgend etwas piepst höllisch laut! Oh nein! Der Rauchmelder ist angesprungen! Ob er automatisch die Feuerwehr alamiert? Ich hole mir einen Stuhl und schau mir den Rauchmelder genauer an. Was wohl passiert, wenn ich den Knopf hier drücke? Nichts passiert, es piepst weiter. Ich drücke noch 5 mal und wie durch ein Wunder ist das dumme Teil endlich stumm, ich öffne die Fenster und weiter geht es im Rezept:

– nach 30 Minuten zwei Ziebelhälften und drei geschnittene Gelberüben mit auf das Blech legen
– Fleisch ab und zu mit gutem Bier übergiesen
– 90 Minuten schmoren lassen und zwischendurch immer auf den Wasserstand achten
– eine Mischung aus Balsamico Essig, braunem Zucker, Salz und Honig anfertigen und nach einer gesamten Garzeit von 120 Minuten über das Fleisch geben
– wenn vorhanden den Grill in der Röhre zuschalten und weitere 10 Minuten schmoren lassen
Fertig!

duften tut er schon gut

In fünf Minuten hole ich den Adventsbraten aus der Röhre und bin schon sehr gespannt, wie er den schmeckt, dazu gibt es Reis und Spargel. Ganze sieben mal hat der Rauchmelder noch ausgelöst.
Euch lieben Freunden wünsche ich einen ruhigen, wunderbaren 1. Advent! 😉

Richtiges Haus?

Ich dachte immer Jims Schwester Joan, zu der alle Jo sagen, wohnt gleich neben Christchurch. Doch jetzt bin ich schon 40km gehn Osten gefahren und immer noch kam kein Abzweigschild. Es ist ein kleiner Ort, sogar ein sehr kleiner, aber irgendwann muss ja ein Schild kommen. Eines ist klar – dies hier ist eine der schönsten Gegenden, die ich bisher auf der Südinsel durchquert habe.
Nach 70km komme ich in Akaroa an, was bedeutet ich habe die Abzweigung verpasst. Doch ich steige aus und sehe mich ein bisschen um. Viel Strassen tragen französische Namen wie auch die meisten kleinen Restaurants und Geschäfte. Später werde ich hierher zurückkommen, um für die nächsten Tage Vorräte einzukaufen.
Beim Verlassen von Akaro sehe ich gleich ein Schild mit der Aufschrift 18km bis Le Bons Bay, der kleine Ort wo Jo´s Haus steht. Wow, ist das eine schmale Strasse die sich immer wieder an den Bergen entlang windet.

...da geht einem das Herz auf

Meinen Fuss habe ich öfters auf der Bremse, als auf dem Gas und umso weiter ich von Akaroa weg komme um so mehr denke ich, das hier muss das Ende der Welt sein. Zwei anderen Autofahren begegne ich und wir grüßen uns freundlich, was hier in dünn besiedelten Regionen oft Sitte ist.
Le Bons Bay zieht sich entlang von 5km und hat gesamt vielleicht 20 Häuser. Doch welches davon gehört Jo? Das hier könnte es sein. Ich fahre langsam in den Innenhof. Nein doch nicht. Oder doch? Ich steige aus und laufe ums Haus. Niemnd da. Das würde ja passen. Klingel gibt es keine, wie meist in Neuseeland. Jo meinte, die Türe wäre offen und ich kann einfach reingehen. Doch was wenn ich in ein fremdes Haus gehe? Etwas mulmig ist mir schon, doch ich öffne langsam die Türe. In der Ecke läuft ein alter Computer. Ich gehe hin, er läuft seit Tagen, die letzten Mails wurden am 22. abgeholt und heute ist der 25. November. Ich sehe mich um. Ich bin wirklich richtig – an der Wand hängt ein Foto von Jo´s Mutter. Uff, ich atme erstmal durch. Gleich dannach hole ich meine Sachen ins Haus und sehe wie draußen zwei Autos gefahren kommen. Es ist Alf, der sich während der Absenheit von Jo um deren Anwesen kümmert. Ich stelle mich vor, doch er ist schon komplett informiert. Ich frage ob ich etwas helfen kann und Alf schmeist für mich den Rasenmäher an. Jo hat einen großen, schönen Garten. Nach der Hälfte fragt Alf ob ich noch Fragen habe, sonst sehen wir uns morgen am Samstag wieder. Ich frage schnell noch, ob es sicher ist im Meer zu schwimmen, er sagt ja, aber der Fluss wäre wärmer.
Am Abend sitze ich auf dem Sofa, lese und höre Jazz. Viele Gedanken gehen mir durch den Kopf. In den Hostels kommt man abends gar nicht gross zum nachsinnen, da immer jemand da ist, mit dem man sich unterhalten kann. Schon um 21Uhr gehe ich ins Bett.
Das Telefon klingelt, ich mache meine Augen auf, es ist schon wieder hell draußen und meine Uhr zeigt 7Uhr. Ich hab keine Lust aus dem warmen Bett zu kriechen und lasse es einfach klingeln. Oder soll ich doch rangehen? Nein, ich bleibe liegen. Es hört auf. Nach 5 Minuten kugle ich dann doch aus dem Bett und das Telefon klinglt wieder. Diesmal gehe ich ran.
Es sind die BJees! Was für eine große Überraschung! Sie sitzen gerade alle in der Gruppenstunde freitag abends und feiern den ersten Platz, den wir beim Kreiswettbewerb der Rot Kreuz Bereitschaftsjugenden belegt haben. Ich freu mich Ihre Stimmen zu hören. Und so viele sind heute in der Gruppenstunde, jeden frage ich was mir spontan einfällt und auch sie fragen mich. Wir legen auf, ich mache mir einen Tee mit Milch, sehe vom Sofa aus durch das Fenster nach draußen und lasse mir das Gespräch von eben noch eimal durch den Kopf gehen.

salziges Popcorn & Angi

Wolkenverhangen ist der Himmel als ich in Dunedin ankomme. Sonst suche ich mir mein Hostel schon immer im Voraus aus, doch dieses Mal fahre ich durch die Innenstadt und schaue mich erst einmal um. Älter als andere Städte in Neuseeland wirkt Dunedin auf mich. Tatsächlich soll es hier eine lebendige Kulturszene geben, die nicht zuletzt von den ganzen Studenten herrührt. Mehr durch Zufall passiere ich die Adventurer Backpackers Lodge, halte an und checke ein.

Gemeinschaftsraum des Hostels

Der Geminschaftsraum ist gross und gemühtlich, es gibt freies Internet und im Kamin knistert ein Feuer.
Bisher hatte ich meist mit meinen Zimmergenossen und Genossinnen Glück, doch heute Nacht wie es scheint nicht. Noch um Mitternacht kramschen drei nervige Weiber im Gepäck und werden nicht fertig damit. Als eine halbe Stunde später eine der Partyzicken reinkommt und sich bei mir beschwert warum ich wieder das Fenster geöffnet hätte (obwohl ich gar nichts gemacht habe, da ich schon seit zwei Stunden im Bett liege und versuche zu schlafen) explodiere ich. Ich beschließe heute Nacht eine Oktave höher und 10 Dezibel lauter zu schnarchen (was gut gelingt, wen man voher ein paar Bier getrunken hat, eine dichte Nase hat und einfach mal das Nasenspray weglässt). Am nächsten Morgen sind die Schreckschrauben weg und ich mache mich auf eine Tour durch Dunedin, sehe mir das Museum an, fahre mit dem Stadtbus zu einem Aussichtspunkt und gehe nachmittags schwimmen.

Rathaus am Octagon

Abends sitze ich gemühtlich im Gemeinschaftsraum und quatsche wieder mit Leuten aus verschiedenen Nationen. Eine blonde Kanadierin ist mir sympatisch und wir gehen zusammen ins Kino. Endlich mal wieder Popcorn, denk ich mir, bevor der Film losgeht. Seit meiner Abfahrt in Deutschland habe ich keines mehr gegessen. Igit! Das hatte ich ja ganz vergessen, das die Neuseeländer auch ihr Popcorn salzen und nicht zuckern. Da der Film nur mittelmäßig war, gehen wir beide noch zusammen ein Bier trinken und dannach ins Bett (jeder in sein eigenes versteht sich). Um 23:25Uhr erreicht mich eine Nachricht meiner Schwester per SMS, das Angi Merkel mit 397 Stimmen zur ersten deutschen Bundeskanzlerin gewählt wurde.
Morgen werde ich mir in Timaru, meiner nächsten Station, einen PC suchen, auf dem ich mir die Tagesschau per Livestream ansehen kann. Doch vor Moment schlafe ich erst einmal weiter.

Ein viertel Jahr

Milford Sound – wie sehr hab ich mich in Deutschland hier nach diesem Ort gesehnt und jetzt bin ich da. Ich kann es kaum glauben. Die Hügel spiegeln sich wirklich im Wasser und oben schwebt Nebel. An 200 Tagen im Jahr regnet es, doch ich komme und es scheint die Sonne, was für ein Glück.

Man könnte ewig hinschauen...

Natürlich ist der Milford Sound auch ein Opfer seiner eigenen Schönheit, auf dem Weg hierher bin ich unzähligen Reisebussen begegnet die mit hohen Tempo die Strasse entlang preschen, obwohl doch schon der Weg hierher so eine beindruckende Landschaft zu bieten hat.
Da man den weiteren Fjord nur vom Boot aus zu Gesicht bekommt, vergleiche ich die Angebote der Gesellschaften und entschließe mich für die kleinste. An Bord gibt es freien Kaffee und Tee, doch alle Passagiere inklusive mir sind auf Bilderjagt. Ein Wasserfall ist beeindruckender als der andere und bevor es hinaus aufs Meer geht, sehen wir Pinguine und Robben.

Nach zwei Stunden gehe ich baff vom kleinen Bott und in die einzige Jugendherberge im Umkreis von 90 Kilometern.
Am Abend laufe ich nochmals zurück. Das Informationsterminal ist bereits geschlossen, alle Schiffe liegen vor Anker und die großen Busse sind allesamt verschwunden. Ich schlendere alleine entlang der leeren Holzstege und denke an die vergangen Tage zurück: Ich war zwei Tage in Arrowtown, eine ehemalige Goldgräberstadt, wo es mir so gut gefallen hat, das ich nochmal zurückkehren will. Dort wurden auch wieder einige Szenen aus „Herr der Ringe“ gedreht. Den Ort, an dem Frodo mithilfe von Arwen die Furt des Bruinen überquerte und dabei die Nazgul im Nacken hatte, besuchte ich.
An einem Abend habe ich mir im kleinen Kino des Ortes „Luther“ angesehen und zweimal bin ich nachmittags in das 19km entfernte Queenstown zum Schwimmen gefahren.
Wielange bin ich jetzt eigentlich schon hier? Ein viertel Jahr? Ich kann es selbst kaum glauben.

Franz Josef

Franz Josef war der Name des letzten Kaisers von Österreich und nach ihm wurde dieser mächtige Gletscher in Neuseeland benannt, vor dem ich jetzt stehe und das blaue Eis bewundere.

Ewiges Eis - der Franz Josef Gletscher

Auf dem Rückweg komme ich mit einem Schweriner ins Gespräch, der zusammen mit seiner Frau Neuseeland mit dem Wohnmobil bereist. Seitdem ich hier in Neuseeland bin habe ich mir angewöhnt, Leute die deutsch sprechen gleich zu dutzen, auch wenn sie älter sind und ich sie nicht kenne. Ich erzähle ihm, das ich mir gestern weiter im Norden die Pancake rocks angesehen habe und er gibt mir Tipps, was im Süden Sehenswertes auf mich wartet.
Am nächsten Tag will ich mir auch den Fox Gletscher ansehen, doch es regnet so sehr, dass ich beschließe weiterzufahren. Die Landschaft wird immer weiter, die Berge höher – ich nähere mich langsam den Neuseeländischen Alpen. Im Strassenverlauf sieht man alle paar Kilometer einen Wasserfall nach dem anderen. Immer wieder halte ich an, um die Natur auf mich wirken zu lassen und mich kurz von der kurvenreichen Fahrt zu erholen. Im späten nachmittag komme in in Wanaka an. Hier gefällt es mir gleich auf Anhieb – die kleine Stadt strahlt etwas Helles und Weite aus. In einem ökologischen Cafe gönne ich mir einen Flat White Kaffee. Auf einmal kommt ein kleiner Junge auf mich zugerannt und schreit „You wear a dancing shirt!“, damit muss er wohl mein Hawaihemd meinen. Die Mutter will sich entschuldigen, doch ich entgegne, das es kein Problem sei.
Mir kommt eine Idee – ich leihe mir ein Rad aus dem Hostel und fahre ein Stück um den See. Gesagt, getan.

Wer sein Rad liebt, der...

Abends gehe ich mit drei Engländern in eine Kneipe. Dabei lerne ich Stefan aus Erfurt kennen, mit dem ich am folgenden Tag nach Queenstown weiterfahre. Sonst reist er immer per Anhalter, da er sich das Geld sparen will. Ich diskutiere mit ihm über deutsche Politik und über neuseeländische Medien.
Queenstown ist das Abenteuermeka in Neuseeland – hier gibt es alle möglichen Funsportarten, oft sogar im Bundel zu kaufen, da sie dann günstiger sind. So gibt es Angebote zuerst mit einem Jetboot über den Lake Wakatipu zu jagen, dann einen Bungee Jump zu machen um dannach gleich noch Feilschrim zu springen. Mir geht das alles etwas zu weit und ich entschließe mich für eine gemühtliche Fart auf einem Dampfer von 1912.

Lustig geht es auf dem alten Dampfer zu

Nachdem der Anker eingeholt ist erscheint eine ältere Dame, welche sich hinter einen Flügel setzt und das spielen anfängt. Ich schließe meine Augen und lausche. Auf der Rückfahrt werden Liederblätter ausgeteilt und zusammen alte, englische Lieder angestimmt. Nach Amazing Grace ist der kurzweilige Ausflug vorbei und ich mache mich auf den Weg ins Hallenbad, um ein paar Bahnen zu schwimmen.

Rongo

Rongo ist maori und bedeutet Frieden. Mehr durch Zufall bin ich im kleinen 200 Einwohner Ort Karamea gelandet, oder besser gesagt mehr ein Kaff, aber ein liebevolles. Es ist 100km nördlich von Westport, die Strasse hierher schlecht und sehr kurvenreich, weswegen sich nur wenige Menschen nach Karamea verirren. Genau der richtige Platz um ein Projekt wie Ronge auf die Füsse zu stellen. Paul der Besitzer hat es vor einem Jahr ins Leben gerufen. Zusammen mit Menschen aus aller Welt hat er Stück für Stück dieses Hostel aufgebaut und es mit Kunstobjekten gefüllt.
Nach einem längeren Gespräch kommt mir die Sache mit Frieden und Kunst etwas oberflächlich vor, doch ich beschließe einfach einen Tag und eine Nacht mitzuschwimmen und es auf mich wirken zu lassen. In einem Schuppen hinter dem Haus wurde ein kleiner lokaler, illegaler Radiosender eingerichtet. Und wie es der Zufall will, ist heute abend eine Sendung, der ich auch gerne beiwohnen darf. Nachmittags gehe ich an den Strand, lege mich auf die schönen warmen Steine und schlafe ein Weilchen.

Träumen am Strand

In Rongo wird einfach jeder kreativ und so setze ich mich ans Klavier im Gemeinschaftsraum und versuche so lange Klangfolgen, bis eine Melodie dabei entsteht. Ich hab mir vor einigen Jahren selbst das 10 Finger System beigebracht, ob man sich auch selbst das Klavierspielen beibringen kann?
Um 19Uhr beginnt auch schon die Radiosendung, heute steht Blues auf dem Programm. Ein Freund von Paul modiert zusammen mit ihm, aus dem Dorf finden sich viele in der Scheune auf ein Bier ein. Ich unterhalte mich köstlich mit einem Mädel aus Dänemark, die hier schon fünf Monate ist, weil es ihr so gut gefällt.

On Air

Zu vorgerückter Runde spricht Paul in sein Mikrofon „Now a song for Michael from Germany“. Die Stimmung ist gelockert und wir öffnen eine Flasche Absinth. Danach macht ein Joint die Runde. Ich nehme einen tiefen Zug.
Meine Zimmergenossin muss am nächsten Morgen früh raus und so stehe ich auch mit auf, um mehr vom Tag zu haben. Die ersten Sonnenstrahlen kommen schon durch die Wolkendecke. Ein schwarzer Tee mit Milch und ein Pumpernickelbrot mit Avocado machen mich munter und bevor ich Rongo wieder verlasse, verewige ich mich, wie viele andere, an der Wand.

Einsam

Fossil Point am Farewell Spit

Einsam bedeutet nicht, dass man sich verlassen vorkommt, im Gegenteil, gerade in diesem Moment fühle ich mich zwar einsam aber behütet. Ich bin am Cape Farewell, im äußersten Norden der Südinsel und mache wieder einen Bushwalk. Diesmal ist es aber anders. Der Wind bläßt und es hört sich fast an, als wäre es ein Lied. Ich laufe am breiten Strand entlang, kein Mensch weit und breit, Sand wird umhergewirbelt und über weite Strecken gebußtet. Unter einem großen Felsen setze ich mich auf einen angeschwemmten Baumstamm und sinne über die letzten Tage nach: Soviele neue Menschen die ich kennen lernen durfe, soviele Orte, keiner wie der andere, so beeindruckende Landschaften, als ich durch den Abel Tasman Nationelpark lief. Es ist gut, sich einmal Zeit zu nehmen und zurückzublicken. Ich sehe am Strand entlang und muss dabei an die Geschichte von den Spuren im Sand denken.

Eines Nachts hatte ich einen Traum:
Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn.
Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten,
Streiflichtern gleich, Bilder aus meinem Leben.
Und jedesmal sah ich zwei Fußspuren im Sand,
meine eigene und die meines Herrn.
Als das letzte Bild an meinen Augen vorübergezogen
war, blickte ich zurück. Ich erschrak, als ich entdeckte,
daß an vielen Stellen meines Lebensweges nur eine Spur
zu sehen war. Und das waren gerade die schwersten
Zeiten meines Lebens.

Besorgt fragte ich den Herrn:
„Herr, als ich anfing, dir nachzufolgen, da hast du
mir versprochen, auf allen Wegen bei mir zu sein.
Aber jetzt entdecke ich, daß in den schwersten Zeiten
meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist.
Warum hast du mich allein gelassen, als ich dich am
meisten brauchte?“

Da antwortete er:
„Mein liebes Kind, ich liebe dich und werde dich nie
allein lassen, erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten.
Dort wo du nur eine Spur gesehen hast,
da habe ich dich getragen.“

Spuren im Sand

Ab in den Süden!

Obwohl Kates Mann Michael heute einen stressigen Tag in seiner Kanzlei hatte, überrascht er und seine Frau mich mit einer abendlichen Rundfahrt durch ganz Wellington. Als Höhepunkt zeigen mir die Beiden ein Schiff versteckt im Hafen, auf dem Szenen von Peter Jackson’s King Kong gedreht wurden.

Wo ist der liebe Affe?

Damit ich morgen weis, welchen Weg ich zur Fähre nehmen muss, fahren wir diesen ab, bevor es wieder nach Hause geht.
Das Packen fällt mir am nächsten Morgen sogar etwas schwer, hier bei der Familie hat es mir gut gefallen und es war eine gute Mischung aus Arbeit und Freizeit. In sechs Monaten werden wir uns wieder sehen, wenn ich zurück bin von der Südinsel.
Das Warten vor der Fähre dauert nicht lange und schon bald kann ich in den Bauch des großen Schiffes fahren, ziehe meine Handbremse fest und begebe mich in den Passagierbereich. Mit dem Wetter habe ich Glück, es ist eine ruhige Überfahrt und ich genieße einen Kaffee, während ich die ersten Fjorde der Marlborough Sounds entdecke.
Eine Nacht werde ich in Picton bleiben und morgen dann nach Havelock aufbrechen. Im Hostel treffe ich Maria wieder, mit der ich um das East Cape auf der Nordinsel gefahren bin.
Havelock ist ein sehr kleiner, beschaulicher Ort. Im örtlichen Information Center erfrage ich nahegelegene Bushwalks und mache mich auf die Beine.

Abends fragt der Herbersvater wer von uns Gästen Lust hätte, mit auf eine Glühwurmwanderung zu gehen. Alle gehen mit. Witzig ist, wir laufen den gleichen Weg mit Taschenlampen, den ich nachmittags allein gelaufen bin. Er bittet uns nach der Hälfte des Weges unsere Lichter auszumachen und wir stehen umringt von Glühwürmchen. Fantastisch! Ich bin beeindruckt. Soviele. Unglaublich. Ich gehe so nahe wie möglich an eines ran. Diesen Eindruck werde ich so schnell nicht mehr vergessen, fast wie ein Sternenhimmel auf Erden.
Wir gehen langsam weiter und der Herbergsvater stellt uns seinen Freund Twisty vor – ein Aal der anschließend mit Wurst gefüttert wird. Ich traue meinen Augen nicht.

Aal Twisty

Nach diesem nächtlichen Ausflug schlafe ich wunderbar . Als nächstes wartet Nelson auf mich. Das Hostel ist sehr klein und persönlich. Da es heute eher bewölkt ist schwimme ich ein paar Bahnen im örtlichen Hallenbad und gehe ins Kino. Abends mache ich mir Lammmedaillons in Balsamico Soße mit Spargel und esse dazu deutsche Pumpernickel, die ich im Ökomarkt entdeckt habe.

Mit zwei Australiern amüsiere ich mich köstlich bei einem Glas Wein auf der Terrasse. Sie erklären mir, das Possums in Australien geschützt sind, anders als hier, dafür aber das Nationaltiere Emu und Känguru gejagt und gegessen werden – nicht aber Koalabären.
Spät abends treffe ich Manuel aus München, der in Freiburg studiert und mir am nächsten Morgen einen Pulli schenkt, der im nicht paßt. Schon früh am Morgen scheint die Sonne und ich beschließe hier in Nelson zum angeblichen geographischen Mittelpunkt Neuseelands zu laufen. Von hier aus hat man auch einen wunderbaren Blick über die Fjorde.